Feministische Theologie. Initiativen, Kirchen, Universitäten — eine Erfolgsgeschichte
Hg. von Gisela Matthiae, Renate Jost, Claudia Janssen, Annette Mehlhorn, Antje Röckemann in Verbindung mit Kristin Bergmann, Angelika Fromm, Mieke Korenhof, Anna-Karena Müller, Hildburg Wegener, Kathrin Winkler
Die Publikation, die im Mai 2008 im Gütersloher Verlagshaus erschienen ist, gibt erstmals einen Überblick über die Institutionalisierung Feministischer Theologie in Initiativen, Kirchen und Universitäten in Deutschland. Sie richtet das Hauptaugenmerk auf den evangelischen Kontext, bearbeitet aber auch den Bereich der Ökumene und des interreligiösen Gesprächs.
Einführung: Feministische Theologie ist eine Erfolgsgeschichte, davon sind wir, die Herausgeberinnen, und mit uns viele Frauen und Männer überzeugt. Der Blick auf ihre über dreißigjährige Geschichte zeigt, was Feministische Theologinnen weltweit bewegt haben. Um an schon Erreichtes anknüpfen zu können, aus Fehlern zu lernen und um Traditionsabbrüche zu vermeiden, braucht auch Feministische Theologie eine Erinnerungskultur, die die eigene Vergangenheit im Bewusstsein hält und gezielt vergegenwärtigt.Darüber wie weit feministische Anliegen inzwischen in Kirche und Gesellschaft etabliert sind, gehen die Meinungen auseinander. Was Erfolg ist, wird je nach Perspektive unterschiedlich beurteilt. Unabhängig wo sich der und die Einzelne in diesen Auseinandersetzungen positioniert, ist Bärbel Wartenberg-Potter zuzustimmen, die feststellt: „Feministische Theologie muss noch gezielter im Mainstream ankommen.“ (EFD-Mitteilungen 434 (2006) 42) Dieses Ziel unterstützen wir mit unserem Buch.
Aus Initiativen entstanden, fanden in den vergangenen Jahren Institutionalisierungsprozesse statt, die auf die wachsende Bedeutung von Feministischer Theologie in Kirche und Gesellschaft hinweisen. In diesem Buch stellen wir erfolgreiche Initiativen und Institutionalisierungsprozesse in Deutschland vor. Dabei kann es nicht um eine umfassende Bestandaufnahme gehen. Feministische Initiativen entstehen, verändern sich und lösen sich wieder auf, wenn der Zweck, der zu ihrer Gründung geführt hat, erfüllt ist. Neue Projekte und Zusammenschlüsse entstehen aufgrund veränderter gesellschaftlicher Bedingungen. Einige Initiativen lassen dauerhafte Institutionen entstehen, die eine kontinuierliche Arbeit für mehr Gerechtigkeit und gegen vielfältige Formen von Diskriminierung ermöglichen. Während Initiativen häufig vom persönlichen Engagement getragen werden, ermöglichen Institutionalisierungen, dass begonnene Projekte unabhängig von den Personen, z.B. nach einem Stellenwechsel, fortgeführt werden können. Ein durchgängiges Anliegen der Herausgeberinnen ist es deshalb, die Institutionalisierung Feministischer Theologie in die bestehenden Organisationen von Kirchen und Universitäten fortzusetzen, um ihre Anliegen noch stärker im Mainstream zu verankern.Feministische Theologie in Deutschland begann an der Basis.
Aus der kirchlichen Frauenbewegung kamen die ersten feministisch-theologischen Impulse. Daher ist das erste von verantwortete Kapitel den Initiativen, Netzwerken und Projekten gewidmet.Die Kirchen spielen als Ort Feministischer Theologie eine zentrale Rolle. Als Organisation verfügen sie über Strukturen und Einrichtungen, Verbände und Werke, sowie Organe, die innerkirchliche und außerkirchliche Bewegungen mit ihren theologischen Implikationen als Herausforderung aufnehmen können. Feministische Theologie hat in den letzten Jahrzehnten einen großen Einfluss auf solche Veränderungsprozesse genommen.
In Kapitel Zwei, das von und zusammengestellt wurde, werden Frauenverbände, in West und Ost, auf Bundes- und – exemplarisch – auf landeskirchlicher Ebene und in den unterschiedlichen evangelischen Bildungseinrichtungen dargestellt. Die religionspädagogische Arbeit hat in ihrer Position zwischen den Erziehungswissenschaften und der Theologie eine wichtige Brückenfunktion. Stärker als die Theologie berücksichtigt sie die Bedingungen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und sorgt umgekehrt für einen starken Lebenswelt- und Biographiebezug der Theologie. In Gottesdiensten zeigen sich alle theologischen Themen in Verkündigung, Gebet und Lob Gottes. Welchen Einfluss hier die liturgische feministische Bewegung und die dazugehörigen feministisch-theologischen Arbeiten hatten, zeigt eine Reihe von zum Teil fest etablierten Aktivitäten. Frauen als Leiterinnen von Gottesdiensten gibt es erst seit ca. 40 Jahren. Dennoch haben sie der traditionellen Rolle im Pfarramt ein neues Profil verliehen. Von großer Bedeutung hierzu sind eigene Zusammenschlüsse, die Theologinnenkonvente mit feministisch-theologischen Studientagen und kirchenpolitischen Aktivitäten. Entscheidend für diese Veränderungsprozesse sind die Frauenreferate: Die inzwischen geleistete Gleichstellungsarbeit hat sowohl in einer harten als auch in einer weichen Form für die Institutionalisierung Feministischer Theologie gesorgt und wird es auch weiterhin tun.
In Kapitel Drei, verantwortet von und , steht der Institutionalisierungsprozess an den Universitäten im Mittelpunkt. Seit Ende der 1970er Jahre sind römisch-katholische und evangelische Feministische Forscherinnen an den Universitäten vertreten. Das hat in vielen Bereichen Erfolge gezeigt: Inzwischen gibt es eine nahezu unüberschaubare Fülle von Forschungsarbeiten zu allen theologischen Themenbereichen. Feministische Theologie als eigenes Fach bzw. Disziplin wird im evangelischen Bereich bisher nur an wenigen deutschen Universitäten gelehrt, eine Professur für Feministische Theologie ist nur an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau vorhanden. Doch finden Inhalte und Methoden Feministischer Theologie mittlerweile vermehrt Eingang in theologische Lehre und Forschung. Die nahezu unüberschaubare Fülle der in den letzten Jahren entstandenen Forschungs- und Qualifizierungsarbeiten ist ein sichtbares Zeichen für die wachsende Bedeutung feministisch-theologischer Forschung im akademischen Bereich.
Im vierten Kapitel, das von verantwortet wird, werden zunächst Entwicklungen im christlichen Kontext, der römisch-katholischen und altkatholischen Kirche und der weltweiten Ökumene vorgestellt. Anschließend stehen jüdische Feministinnen im Land der Scho’a und muslimische Feministische Theologien im Mittelpunkt. Abschließend werden Perspektiven des Dialogs und einer Feministischen Theologie der Religionen diskutiert.Dieses Buch lädt dazu ein die erstaunliche Fülle von Initiativen, Institutionalisierungen und Forschungen die in den letzten 30 Jahren entstanden sind wahrzunehmen, und an begonnenen Projekten weiter zu arbeiten. Es möchte dazu anregen, sich mit den vielen angesprochenen Themen kritisch auseinander zu setzen.
(Prof. Dr. Renate Jost in Zusammenarbeit mit den anderen Herausgeberinnen)